Cannabis, Marihuana und Multiple Sklerose: positive Effekte erneut bestätigt
Cannabis und seine Wirkung auf Multiple Skerose. (Wir berichteten bereits in der Vergangenheit, u.a. 2007 und im Februar 2009).
Dieser Artikel trägt die aktuellen Quellen zusammen, beleuchtet Zusammenhänge und versucht, Fragen aufzuwerfen -- Fragen, die von unseren LeserInnen in den Kommentaren gerne (auch anonym) diskutiert werden dürfen.
Verringerte spastische Muskelbewegungen durch Cannabis
Kernaussage: Die Auswertung von sechs Studien zu "Cannabis und MS" ergab übereinstimmend einen Trend zu verringerten Spastiken und verbesserter Mobilität von MS-Patienten mit der Anwendung von Cannabisprodukten als Therapeutikum, berichten Shaheen Lakhan und Marie Rowland von der Global Neuroscience Initiative Foundation in Los Angeles in der Fachzeitschrift BMC Neurology (BMC Neurology 2009, 9:59 vom 04.12.2009).Die deutschsprachige Medienlandschaft reagiert berichtswillig, wie die Berichte in z.B. Spiegel Online und der Standard zeigen, das Thema "Cannabis als Arzneimittel" köchelt aber länger vor sich hin.
Regenerative Prozesse bei MS-kranken Cannabis-Anwendern?
Ein weiterer Aspekt, den der Artikel in BMC Neurology aufzeigt, ist die scheinbar durch Cannabis bewirkte neuroprotektive und regenerative Tendenz:There is evidence that cannabinoids may provide neuroprotective and anti-inflammatory benefits in MS. Neuroinflammation, found in autoimmune diseases such as MS, has been shown to be reduced by cannabinoids through the regulation of cytokine levels in microglial cells. The therapeutic potential of cannabinoids in MS is therefore comprehensive and should be given considerable attention.(Whole plant cannabis extracts in the treatment of spasticity in multiple sclerosis: a systematic review, PDF Version, S. 11)
Auch die mögliche neuroprotektive Wirkung von Cannabis bei MS wird schon einige Zeit diskutiert. So berichtete beispielsweise der Standard im Juni 2009: "Cannabis wirkt regenerativ auf Nervenzellen".
Aktuelle Entwicklungen im Umgang mit Cannabis als Medizin
Bereits 2003 berichtete stern.de über nach Legalisierung rufenden Forschern, Initiativen wie IACM fordern dies ja schon länger und auch stern.de legt im Oktober 2009 nochmal nach und schreibt "Mediziner machen sich für Cannabis-Therapie stark"Die USA genehmigten erst kürzlich Marihuana als Medikament, nachzulesen u.a. ironischerweise in der "Pharmazeutischen Zeitung" (USA - Regierung genehmigt Marihuana als Medikament) und eröffnen erste Hanf-Cafés. Auch die Theke des Harbourside Health Center in Oakland/Kalifornien bietet reichlich Auswahl:
Die USA überholen Good Old Europe also nicht nur bei der Nutzung von Sonnenenergie und Windkraft, sondern auch beim liberalen Umgang mit Cannabis. In einem Staat wie Kalifornien, in dem rund 10% der Einwohner kiffen, ist hierbei ein schönes Steuergeld in Aussicht, was motivationssteigernd auf Politiker mit klammen Kassen wirkt: mehrere hundert Millionen Dollar für Schwarzeneggers Kalifornien durch Kiffen für die Staatskasse:
Pass da blunt -- und wie fühlt man sich bekifft?
Für Alle, die dieses Gefühl nicht kennen, hat Wikipedia eine knappe und nüchterne Beschreibung:[Cannabisprodukte bewirken einen] psychoaktiven Geisteszustand, den Konsumenten als klar, sauber und bewusstseinserweiternd empfinden. Konsumenten beschreiben den Rausch von Sativa-Gattungen meist als kopfbetont und geistesanregend, Indica-Gattungen hingegen werden eher als körperbetont und schmerzlindernd empfunden.Um diesen Zustand herbeizuführen, lässt sich Cannabis essen (als Kekse oder Butter) oder durch Rauchen inhalieren. Eine Aufbauanleitung für eine selbstgedrehte Cannabis-Zigarette (Joint, Spliff, Tüte, Filter, Sportzigarette) liefert z.B. Flickr-User THCganja:
Die gezeigte Dosierung soll hierbei nicht als Empfehlung verstanden werden; es wird vielmehr die grundsätzliche Konstruktion gezeigt. Mischungen mit normalem Tabak zur Verringerung des THC-Gehalts sind gängig.
THC als Medizin -- wie geht es weiter?
Wie es weiter geht, können wir auch nicht wissen. Aber ahnen, dass es schwierig sein und lange dauern wird, können wir schon: Grundsätzlich gilt, dass es jede alternative Therapieform, bei der nicht Milliardenumsätze für einige wenige zu erwarten ist, schwer haben wird gegen die Marketingmacht etablierter Konzerne anzukommen. Ein schöner Beweis ist hierfür die oftmals sehr wirksame, aber auch sehr kostengünstige intrathekale TCA-Therapie, die angesichts von Behandlungkosten in Höhe von ca. 50 Euro monatlich auch nach über 30 Jahren keine große Lobby entwickeln konnte.Ich schätze die Quote der MS-PatientInnen, die gerne mal würden, aber bisher auf der Beschaffungsseite erfolglos waren, auf über 80%.
Außerdem vermute ich, dass diejenigen, welche Cannabis verwenden, seltener an Depressionen leiden als andere MS-PatientInnen. (Auch dies führte zu einem geringeren Arzneimittel-Umsatz bei Antidepressiva und damit zu keinem gesteigerten Interesse auf Industrieseite.)
Über gerne anonym gehaltene Erfahrungsberichte freuen wir uns, bitte einfach bei den Kommentaren einwerfen!